OH MEINE GROßMUTTER...

„Oh, meine Großmutter … Sie ist seit neunundzwanzig Jahren mit mir…“

Es war einfach einer dieser Momente, in den sie dachte, dass sie aus den İnneren sprach, doch es ihr dann aber entschlüpfte. Der Mensch, mit dem sie über Jahre hinweg am meisten stritt und dessen Charakter sie am wenigsten mochte, war ihre Großmutter. Sie sagte bei jedem Thema, bei jedem Problem: „Mein Kind, wir haben das selbe erlebt, es ist nicht so, du weißt es nicht. Oh ! Die jungen Leute von heute sind sehr inkompetent.“ Dieser Dialog hat sich nie geändert. Während sie in der Grundschule war, ihre Hausaufgaben machte, während sie sich auf die Abschlussprüfung in der Oberschule vorbereitete und jetzt, während sie heiratete und ihre Hochzeit vorbereitete… Laut ihrer Großmutter gab es einen Weg, alles zu tun, und aus irgendeinem Grund war İpek immer eine inkompetente, ignorante, mittelmäßige Enkelin, die die Regeln und Bräuche nicht kannte. İhr war das alles so leid. Immer wenn jetzt das Telefon klingelte und sie den Namen ihrer Großmutter auf dem Display sah, beschleunigte sich ihr Herzschlag. Ihr floss kalter Schweiß, der an den Haarwurzeln begann und ihr über die Stirn lief. Sie hatte gerade ein ähnliches Telefongespräch geführt und war erwischt worden, als sie gerade das Büro verlassen wollte. Sie holte tief Luft und stieg in den Aufzug. Blieb mit gesenktem Kopf und dem Rücken zu den Leuten in der Ecke des Aufzugs stehen, damit niemand ihre Nervosität spüren konnte.

Sie dachte die ganze Zeit an ihre Großmutter. Großmutter Letafet, hat viel in ihr Leben beigetragen. Während ihre Mutter arbeitete, wohnte sie bei ihrer Großmutter und von ihrer Kindheit an bis zur Ruhestand ihrer Mutter verbrachte sie nach der Schule ihre gesamte Zeit im Haus ihrer Großmutter. Die Schwierigkeiten, die es mit sich brachte, ein Einwanderer zu sein, während des Bevölkerungsaustauschs zurückzukommen und ganz von vorne anzufangen, hatten ihre süß-saure Natur in eine noch härtere verwandelt.

Während sie fuhr, antwortete sie ihren eigenen Gedanken mit der Stimme ihrer Mutter:

„Ipeeeek, rede nicht so über deine Großmutter. Sie hat dich großgezogen!“

Sie ärgerte sich über ihre Aussage und fuhr fort:

„Rödööö nöcht söööö...”

Das Klingeln des Telefons erschütterte sie. Als hätte sie es gefühlt, rief ihre Mutter an. Gerade als ich sagte: „Mama, ich fahre, ist es dringend?“ Fuhr sie fort, „Ipek, meine wunderschöne Tochter. Geht es dir gut? Deine Großmutter hat angerufen ... Ich glaube, sie hat dich ein wenig verletzt, sie ist sehr aufgebracht, aber weißt du, sie ist es nicht gewohnt, sich zu entschuldigen. Schenke ihr keine Aufmerksamkeit, okay, mein schönes Mädchen?”

Ipek fing an zu weinen. Als sie merkte, dass sie nicht antworten konnte, legte sie auf und fuhr rechts ran. Natürlich würde sie die Person, die sie großgezogen und so viel Mühe in ihr gesteckt hatte, nicht niedermachen, aber sie wurde wütend.

Es ist nicht bekannt, wie viel Erfahrung jeder Mensch im Laufe seines Lebens sammelt, aber wenn es ums Älterwerden geht, ist das Alter die Zeit, in der Lebenserfahrungen in der Luft liegen. Zeiten, in denen man einen Teil des Lebens hinter sich lässt, im Guten wie im Schlechten … Dies sind die letzten Augenblicke, in denen Liebe oder Liebesmangel, Respekt oder Respektlosigkeit, Anerkennung oder Wertlosigkeit, Erfolg oder Versagen am tiefsten empfunden und im Herzen am stärksten abgewogen werden. Kurz gesagt ist das Alter ein besonderer Lebensabschnitt, der für jeden Menschen eine andere Bedeutung und Wichtigkeit hat.

Das Leben ist der wertvollste Schatz, das uns geschenkt wird. Eine Ansammlung, bei der auf Tage Wochen, auf Wochen Monate und auf Monate Jahre folgen. Im Alter sind die Menschen manchmal voller schöner und freudiger Erinnerungen, manchmal aber auch voller Schmerz, weil sie gemachte Fehler nicht korrigieren können.

Allerdings möchte jeder Mensch ein gutes Leben führen. Er möchte sich selbst und seinen Mitmenschen einen Nutzen bringen und gute Beziehungen aufbauen. Genau deshalb sind unsere Älteren und ihre Erfahrungen wichtig. Wertvolle Menschen, die als Brücke zwischen unserer Vergangenheit und unserer Zukunft fungieren und von deren Erfahrungen wir stets profitieren … Die Probleme des menschlichen Lebens sind seit Tausenden von Jahren dieselben. Deswegen versuchen ältere Menschen uns aufzuklären, weil sie ähnliche Geschichten erlebt haben. Obwohl die Warnungen gut gemeint sind, schenkt der Mensch dieser Kritik kein Gehör, weil die Emotionen sehr stark aufkehren.

Während İpek weinte, erinnerte sie sich an die verletzenden Worte, die ihre Großmutter zu ihr gesagt hatte, und sie erinnerte sich auch daran, wie sie es geschafft hatte, ihre Beziehungen zu ihren Freunden mit den Ratschlägen, die sie ihr gegeben hatte, zu verbessern, und wie sie Stricken, Häkeln und Kreuzstricken gelernt hatte. Was für großartige Dinge sie zusammen gemacht haben. Sie trug sogar einen Pullover, den ihre Großmutter gestrickt hatte.

„Ja, die Worte, die sie sagt, können mich manchmal verletzen, aber hauptsächlich will sie, dass es mir besser geht, das weiß ich ...“, hörte sie sich sagen und machte einen Plan. Sie wollte nächste Woche zu ihrer Großmutter gehen und ihr etwas von ihrem Lieblingsdessert bringen.

Wenn wir sie heute respektieren, werden wir dann nicht morgen genauso respektiert? Die älteren sagen immer: „Sag nicht ‚Oh!‘ zur Mutter..” Schließlich waren sie auch einmal jung und sagten auch zu ihren Müttern und Vätern: „Oh”. Dennoch haben sie Respekt und Liebe nie aufgegeben und versuchten das zurückzugeben, wofür sie hart gearbeitet haben um das zu schützen.

Ein Mensch schätzt das, wofür er den Preis bezahlt.

Es ist überhaupt nicht einfach, unseren Älteren gerecht zu werden, die uns beschützt und auf uns aufgepasst haben. Um ihnen jedoch die Liebe geben zu können, die sie verdienen, müssen wir ihre Bedürfnisse erkennen. Mal lauschen wir bei einer Tasse Kaffee dem Tratsch unserer Nachbarin Naciye, mal machen wir einen Spaziergang im Park, mal stricken wir gemeinsam Pullover für unsere Enkelkinder...

Wir müssen unseren älteren Menschen, die uns auf das Leben vorbereiten, weiterhin mit einem Lächeln und Geduld zur Seite stehen, um ihnen das Leben zu erleichtern und von ihren Erfahrungen zu sammeln. So wie man gegenüber einem Kind von Mitgefühl erfüllt ist, sollte man auch gegenüber Erwachsenen das gleiche Mitgefühl empfinden. Denn mit zunehmendem Alter wird der Mensch kindischer. Wenn man genau hinschaut, sieht man unsere eigene Kindheit. Das Leben sagt uns Folgendes:

„Du warst auch so. Du warst auch schwierig. Es war auch anstrengend, mit dir zu reden. Du warst auch wählerisch beim Essen. Dir gefielen die Dinge auch nicht so leicht. Du wolltest immer deinen eigenen Willen durchsetzen. .. Du warst auch stur.. Du auch..” Und trotz dessen haben sie dich nie verlassen. Auch wenn er kurz wütend war, brachte er mich trotzdem jeden Abend mit Liebe in den Schlaf.

Aber werde ich jetzt, da ich an der Reihe bin, in der Lage sein, mit der gleichen Geduld auf sie aufzupassen, mit der sie auf mich aufgepasst haben?

Deshalb sollten wir das nie vergessen. Respekt vor älteren Menschen ist eine Bereicherung für das Leben eines Menschen.

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